Henri Deparade - Verstummen des Marsyas - Malerei at Galerie cubus-m on Berlin Art Grid
Genres: malerei/painting

Pressemitteilung

Henri Deparade
Verstummen des Marsyas Malerei

Es ist unübersehbar, hier greift einer hinaus ins Kunsthohe und macht es sich schwer mit mythischen Visionen. Unter dem Titel „Verstummen des Marsyas“ bringt uns Henri Deparade diverse Lesarten des Marsyas-Mythos nahe, inszeniert als fesselndes Figurentheater.
Bekanntermaßen hatte Pallas Athene eine Doppelflöte geformt, diese dann aber weg-geworfen, weil sie die beim Flötenspiel notwendigen Lippenbewegungen als unschön empfand. Der Silen Marsyas fand die Flöte und vermochte dem Instrument Töne zu entlocken, die seine dionysische Fangemeinde, Nymphen, Hirten und Fellgestalten, zu-nehmend in Euphorie versetzten. Im Rücken sein berauschtes Publikum, meinte Marsyas schließlich, Apoll, den Kunstbeschützer und Musenvorsteher, herausfordern zu müssen. Der Wettstreit fand statt unter der Jurorentätigkeit von König Midas und den Musen. Zunächst wurde Marsyas als Sieger gesehen. Als Apoll, der anfangs nur mit seiner Leier aufgetreten war, aber seine goldene Kehle zum Einsatz brachte, schlug die Meinung der Fachleute um und Apoll wurde zum Sieger erklärt. Auf Bestrafung versessen, knüpfte Apoll daraufhin Marsyas an eine Fichte. Anschließend beraubte er den Tier-Menschen seiner Körperhülle. Der wilde Marsyas hatte es gewagt, einen Gott herauszufordern. Dieses Verbrechen musste bestraft werden. Im Verlaufe des Geschundenwerdens schließlich verwandelte der blutende Marsyas sich in einen Fluss, der seinen Namen trägt.
Für Henri Deparade sind aber weder Gewalt und Leiden Gegenstand seiner Kunst, noch treten Marsyas und sein Henker bildlich in Erscheinung. Es ist auch weniger der Gegensatz zwischen dem Wilden und dem Gesitteten oder zwischen Natur und Kultur, dionysischer und apollinischer Erkenntnis als vielmehr ein Mitleidsgefühl, das den Bildern eingeschrieben scheint. Henri Deparade folgt einem freien, harmonischen, am klassischen Menschenbild geschulten und die Augenblickslaunen limitierenden Verhältnis zur Linie. Farbe ist ihm ein subtil eingesetztes Nachhallpedal.
Es geht um Haut und persönliche Identität, Menschliches und Tierisches, den elenden, ohnmächtigen Gedärmesack, der es mit einer höheren Instanz aufnimmt. Jedes Bild dieses Zyklus ist ein aus der Linie geborenes Zellgewebe, das uns animiert, die gewendete Haut des Sartyrs in ihrer Vergegenständlichung der Beziehung von innerer und äußerer Welt zu interpretieren und das Verhältnis von Körper und Verkörperung neu, also aktuell, ja möglicherweise „post-human“ zu betrachten. Das Verstummen des Marsyas impliziert darüber hinaus die permanente Angst des Künstlers, durch das Bloßlegen des Ichs nicht nur schutzlos, sondern gänzlich zum Schweigen gebracht zu werden.
Henri Deparades Bilder kreisen um das Sich-Artikulieren des Künstlers, seinen Schreckensschrei und die gewaltsame Verbannung in die Sprachlosigkeit.
Ständig überlagern sich die Zustände und Atmosphären, als ob eine kognitive Dissonanz herrschte. Das Geformte und das Freifließende umkreisen einander, das Erfreuliche und das Unerfreuliche, Heiterkeit und Melancholie.
Christoph Tannert

Tiergarten
~ 13 years ago
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