Vom 27. Oktober bis zum 15. Dezember 2012 zeigt die Hengesbach Gallery in Berlin die Ausstellung SILENT MOVIE des Bildhauers Axel Lieber. Es werden Arbeiten zu sehen sein, die eine fiktive Parallel¬welt aufbauen und Techniken des Cartoons und des Zeichentrickfilms für die bildhauerische Transformierung von alltäglichen Dingen benutzen. Die ausgestellten Werke Axel Liebers montieren häufig verschiedene zeitliche und räumliche Ebenen und erzeugen Hybride aus anthropomorphen Merkmalen der Kindheit und des Erwachsenalters. Zur Eröffnung am 26. Oktober um 18 Uhr laden wir Sie ganz herzlich ein.
Eine Hose, deren Dimension von einem kindlichen Hosenbein zur voluminösen Hüfte eines statt-lichen Erwachsenen anschwillt, ein Gehstock, auf den Maßstab eines Kindes eingekürzt, ein stabiler Stuhl, auf Kinderstühlchengröße komprimiert – Axel Lieber zerschneidet sein Ausgangs¬motiv und fügt das Material elliptisch neu zusammen. Diese Arbeitsweise ist mit dem Cutten filmischer Aufnahmen vergleichbar, wobei zeitliche Sprünge, Rück- und Vorblenden oder gar irrational zusammengefügte Episoden möglich werden. Charakteristisch für die ausgestellten Skulpturen ist es, Teile zweier oder mehrerer Zustandsformen neu zu montieren, ohne dass dabei der zeitliche Transformations¬prozess angegeben wird. Dieser vollzieht sich vielmehr fiktiv im Kopfkino des Betrachters, das die Arbeiten zwangsläufig durch ihre Aussparungen anstoßen.
Die Montagen können sich in seinem Werk auch auf taktile bzw. funktionale oder architektonische Kontradiktionen beziehen, werden jedoch in seiner Einzelausstellung SILENT MOVIE auf die zeitlichen Antipole von Kindheit und Alter forciert. Dabei beziehen sich die Arbeiten nicht nur auf das Cartoon, indem sie narrative Mittel des Comics wie Sprechblasen, panels und characters zitieren, sondern auch indem Lieber die Arbeiten komisch-lakonisch zuspitzt und – in der ursprünglichen Definition von Cartoon – ohne Wortsprache auskommt. Durch die Poin¬tierung, die sich durch die ironische Zusammenführung von Gegensätzen wie Kindheit und Erwachsensein ergibt, entsteht eine gewisse melancholische Dramatik, die uns auf eigentümliche Weise berührt. Es kommen Fragen in uns auf, die unsere Intimität ansprechen – nach Identität, nach verpassten Lebensmöglichkeiten, nach dem Gehäuse von Ängsten, Sehnsüchten und nach einem Ziel und Sinn des Lebens selbst. SILENT MOVIE steht damit in seiner Fiktionalität stellvertretend für einen Lebensweg, der die Sinnsuche aber auch das Gefühl der Leere und den Schmerz über die Vergänglichkeit mit einschließt.
Axel Lieber (*1960) lebt und arbeitet in Berlin und Malmö. EA der letzten Jahre u.v.a.: 2011 GEOMETRIE UND ALLTAG, Hengesbach Gallery Berlin (D), 2009 SZENENWECHSEL Museum für Konkrete Kunst Ingolstadt (D), 2008 SPELPLAN 2 Landskrona Konsthall (S), 2005 Kunsthalle Winterthur (CH), 2004 RELEASE, Henry Art Gallery, Seattle, WA (USA); GA der letzten Jahre u.v.a. 2012 20 YEARS, Hengesbach Gallery, Berlin (D), 2010 BERLIN TRANSFER, Berlinische Galerie (D), 2010 MODERNAUTSTÄLLNINGEN Moderne Museet, Stockholm (S), 2009 DAS FUNDAMENT DER KUNST, Städtische Museen Heilbronn (D), 2008 AS IT SEEMS, Susan Hobbs Gallery, Toronto (CA), 2007 BODYCHECK, 10. Triennale Kleinplastik, Fellbach (D); 1978-84 Studium der Bildhauerei an der Kunstaka Düsseldorf, 1992 Gründung Gruppe INGES IDEE (Kunst im öffentlichen Raum), seit 1993 Lehraufträge u. Workshops an europäischen Kunstakademien u.a Kunstaka Düsseldorf, Malmö Art Academy, Bauhaus Uni Weimar, Royal Academy of Fine Arts Copenhagen, Haute École d’Árt et de Design Genève, Geneva (CH); Preise u.Stipendien u.a.: 2011 CITÉ DES ARTS, Paris (F), 06-11 Stipendium Swedisch Art Council, 1999 I.A.S.P.I.S., Headlands Centre for the Arts, San Francisco (USA).
Hengesbach Gallery vertritt originäre Positionen zeitgenössischer Kunst mit einem europäischen Schwerpunkt. Das Programm reflektiert in vielfältiger Weise die materiellen und inhaltlichen Möglichkeiten von Kunst. Unser Interesse ist es, einen Dialog mit der gegenwärtigen Kulturphilosophie zu führen. Hengesbach Gallery besteht seit 1991 und ist seit 2009 in Berlin ansässig.
Parallel zur Schau erscheint die Monografie THE LONG WAY HOME mit einem Text von Dr. Stefanie Kreuzer (Museum Morsbroich Leverkusen (D)), in der die Arbeiten der letzten 25 Jahre vorgestellt und wesentliche Merkmale seines Gesamtwerkes aufgezeigt werden.
Zeitgleich zu dieser Ausstellung zeigt Hengesbach Gallery die Einzelausstellung REMAKES des Fotografen Björn Siebert.